Wie beliebt Indiaca, Inliner und Frisbee sind

Gefrees – Irgendwo unten im Keller oder in der Garage schlummert sie: eine Kiste mit alten Spielsachen. Teils verstaubt. Teils vergilbt nach unzähligen Einsätzen unter Sommerurlaubssonne. Vielleicht sind darunter noch Förmchen für den Sandkasten.

Vermutlich auch Klassiker wie ein Fußball, dem inzwischen die Luft entwichen ist, sodass wie bei seinem Besitzer die Haut heute von Falten und Dellen gezeichnet ist. Dort harren aber auch Habseligkeiten aus, die einst mit einer Mischung aus Exotik und Exklusivität zu den ganz besonderen Freizeitutensilien zählten – und die heute einen vermeintlichen Retrotrend erleben. Doch waren sie je wirklich weg?

– Indiaca: Der gelbe Knautschball mit langen roten Federn weckt wohl bei vielen nostalgische Erinnerungen. Dabei ist der
Indiaca-Sportbeliebt wie eh und je, es gibt sogar eine Deutsche Indiaca Liga. Deren Staffelleiter Markus Ruckdäschel aus Gefrees sagt: «In den 70er Jahren war es sogar Trimmgerät des Jahres.» Seit den 1930er Jahren ist die Sportart, entdeckt in Brasilien, vor allem im Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) en vogue; das merkt man an vielen Mannschaftsnamen. Seit den 1970ern gebe es Meisterschaften auf regionaler und Landesebene, aber auch bundesweit. Ebenfalls vertreten ist Indiaca im Deutschen Turnerbund.

Allerdings spricht Ruckdäschel von einer «Randsportart ohne jegliche Sponsoren». Um bei der Weltmeisterschaft in Japan vor zwei Jahren teilnehmen zu können, hätten viele Spieler ihren Urlaub und viel Geld investiert. «Die Leute, die das machen, sind mit Herzblut dabei.»

Als lobendes Beispiel vor allem mit Blick auf die Rekrutierung von Nachwuchs nennt Ruckdäschel die
TSG Blankenloch aus Stutensee bei Karlsruhe. Sie könne mit mehreren Mannschaften zu Turnieren reisen. Verantwortlich dafür ist Werner Hemberle, der hier seit 15 Jahren Indiaca anbietet. «Innerhalb kürzester Zeit hatten wir unglaublichen Zulauf.» Inzwischen spielen rund 65 Sportler in der TSG mit. An drei Tagen in der Woche wird trainiert, die meisten betrachteten es als Leistungssport. 22 Mal haben sie die Deutsche Meisterschaft im Jugend- oder Seniorenbereich gewonnen. «Das Geheimnis ist, dass alle ein Team sind», sagt Hemberle. «Am Anfang wurde es belächelt als Affentennis», erinnert er sich. Heute sagt er stolz und mit etwas Pathos: «Wir haben da einen Trend entdeckt, den gilt es zu bewahren.»

– Inliner: Längst aus dem Winterschlaf erwacht sind
Inlineskater. Auf geteerten Wegen rund um Talsperren oder im ein oder anderen Forst machen sie Radfahrern, Skateboardern und Spaziergängern Konkurrenz. «Bei Inlineskates verzeichnen wir in diesem Frühjahr erfreuliche Umsatzzuwächse», sagt der Senior-Einkäufer strategische Marken bei Intersport Deutschland, Uwe Poppe. Das habe vor allem am warmen März gelegen. «Individualisierung mit Umbaumöglichkeiten von vier auf drei Rollen oder auch neue Bremssysteme sind ein Zeichen dafür, dass der Markt lebt und Innovationen bringt», sagt Poppe.

Von der Begeisterung für Inliner und auch klassische Rollschuhe zeugen ebenso Veranstaltungen wie die
Blade Night in München, bei der auf Straßen in der Innenstadt gefahren werden darf. Ab 13. Mai werden dafür an 18 Montagen im Sommer für rund anderthalb Stunden extra Straßen gesperrt. Dass der Hype kein neuer ist, belegt die Tatsache, dass die Veranstalter in diesem Jahr – nach zwei Jahren Pause mangels Hauptsponsor – 20-jähriges Jubiläum feiern. Die nötige finanzielle Unterstützung kommt nun vom Hersteller K2.

Wenn es eher um den Funfaktor geht, gibt es auch extra Rollerdiscos. Und für die sportlich Motivierten beispielsweise Inlinehockey, spezielle Inline-Alpin- und -Downhill-Rennen sowie Roller Derby – ein Vollkontaktsport auf Rollschuhen mit zig Mannschaften in Deutschland.

– Frisbee: Auf Wachstumsraten von im Schnitt 12 bis 13 Prozent in den vergangenen Jahren blickt der Deutsche Frisbeesport-Verband zurück. Dabei betont Geschäftsführer Jörg Benner: «Wir müssen natürlich unterschieden zwischen dem Hin- und Herwerfen von Frisbees im Park oder im Schwimmbad, was ein reines Freizeitvergnügen ist, und dem organisierten Sport.» Der Verband hat demnach gut 7000 registrierte Mitglieder über acht Landesverbände und mehr als 160 Vereine bundesweit; davon seien etwa ein Sechstel reine Frisbeesport-Vereine.

Allein zehn
Frisbeesportarten zählt der Verband auf seiner Homepage auf. Dabei wird sogar an vierbeinige Begleiter gedacht: Disc-Dogging wird als eine Art Freestyle-Kür zwischen Hund und Mensch beworben, die in den USA schon seit fast 30 Jahren bestehe und in Deutschland seit 1997 immer beliebter werde. Knapp drei Viertel der Sportler spielten aber Ultimate Frisbee, ein Laufsport mit zwei Endzonen, so Benner. Rund ein Viertel spiele den Präzisionssport Disc Golf, bei dem nach Golfregeln einen Parcours bewältigt werden muss. Dabei gebe es eine nicht unerhebliche «Dunkelziffer» an Ultimate-Spielenden alleine durch den Schulsport und an Disc-Golfern, die auf den meisten der rund 120 Parcours bundesweit kostenfrei spielen könnten.

Dass man auch hier keineswegs von einem Retrotrend sprechen kann, belegt unter anderem die U24-Ultimate-Weltmeisterschaft. Vom 13. bis 20. Juli werden in Heidelberg 51 Teams aus 29 Nationen mit rund 1200 Teilnehmern in den Spielklassen Frauen, Männer und Mixed erwartet. «Ultimate ist World-Games-Disziplin seit 2001, Freestyle Disc findet in diesem Jahr bei der Erstausgabe der «World Urban Games» in Budapest statt», sagt Benner. Der Flugscheiben-Weltverband WFDF sei seit 2015 durch das Internationale Olympische Komitee anerkannt.

– Darüber hinaus gibt es noch eine Menge vergleichbarer Spielzeuge mit Sportcharakter. Klettbälle, Hula-Hoop-Reifen und Gummitwist etwa zählten zu den Klassikern, wie Clara Röder vom Händler
Hudora aus Remscheid erklärt. Sie seien in den vergangenen Jahren niemals «out» gewesen. Einzig Jonglierfreunde müssen Haltung wahren: Die Hochphase für das Diabolo liegt laut Röder weit vor den 1990er Jahren. Sie formuliert es so: «Seitdem ist es ein Dauerläufer (-brenner wäre zuviel gesagt) und phasenweise stärker – aber nie «der Trend».»

Fotocredits: Uli Deck
(dpa)

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